„Freut euch mit mir, denn ich habe mein verlorenes Buch wiedergefunden.“

Kommentar zum Jakobusbrief

Zugegeben, in Jesu Gleichnis geht es um etwas anderes.

„Oder angenommen, eine Frau hat 10 Drạchmen und verliert eine davon. Wird sie dann nicht eine Lampe anzünden, ihr Haus fegen und alles genauestens absuchen, bis sie die Drạchme findet? Und sobald sie die Drạchme gefunden hat, ruft sie ihre Freunde und Nachbarn zusammen und sagt: ‚Freut euch mit mir, denn ich habe meine verlorene Drạchme wiedergefunden.‘ Ich sage euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der bereut.” (Lukas 15:8-10 NWÜ 2018)

So ähnlich ging es mir, wenn ich die vielen Bücher in der ‚theokratischen Bibliothek‘ der Zeugen Jehovas gesehen habe, aber dann dieses eine verlorene Buch fand!

Kommentar zum Jakobusbrief
Kommentar zum Jakobusbrief, veröffentlich 1979 von der Wachtturm-Gesellschaft

Warum bezeichne ich dieses Buch als ‚verlorenes‘ Buch? Weil leider selbst viele Zeugen Jehovas dieses 1979 erschienene Buch überhaupt nicht kennen! Nun gut, es ist zwar schon älter, aber es müsste doch leicht in der Wachtturm Online-Bibliothek zu finden sein …

Wachtturm Online-Bibliothek Bücher
Wachtturm Online-Bibliothek Bücher

Also in der Liste der Bücher ist es schon einmal nicht. Aber wir kennen ja den Titel. Also suchen wir einmal im Index:

Wachtturm Online-Bibliothek Index
Wachtturm Online-Bibliothek Index

Dort finden sich mehrere Hinweise auf ein Buch mit Abkürzung cj, was unschwer als ‚Commentary James‘ zu deuten ist. Aber dort ist kein Link zu dem Buch hinterlegt. Du wirst es dort auch nicht finden. Wenn du suchst, findest du bestenfalls dies:

Wachtturm Online-Bibliothek Suche
Wachtturm Online-Bibliothek Suche

Kein Hinweis auf das Buch außer diesen? Du wirst nach dem Jahr 1981 auch nichts mehr finden. Vielleicht ist ja die ‚Frage von Lesern‘ interessant:

w81 15.4. S.31
w81 15.4. S.31 Fragen von Lesern
Kommentar zum Jakobusbrief S. 49
Kommentar zum Jakobusbrief S. 49

Nichts, außer einem Artikel, der versucht, einen Satz aus dem ganzen Buch ‚geradezurücken‘. Was soll an diesem einen Satz so Besonderes sein?

„Jehova ist nicht nur der Gott der Christen, sondern auch ihr Vater, denn er hat sie durch seinen Geist als seine Söhne gezeugt.“ (Kommentar zum Jakobusbrief, S. 49)

Der weitere Text des Wachtturm-Artikels zeigt, welche Sprengkraft dieser eine, kleine Satz wohl hatte:

Heißt das, daß alle Gott hingegebenen und getauften Christen durch Gottes heiligen Geist zu seinen Söhnen gezeugt worden sind?

Nein, das sollte nicht daraus gefolgert werden, als ob wir jetzt die Sache anders verstünden. Eine solche Änderung würde die biblische Lehre aufheben, daß es zwei verschiedene Hoffnungen für diejenigen gibt, die gerettet werden, nämlich eine himmlische und eine irdische Hoffnung.“
(w81 15.4. S. 31)

Und dort wird sogar eine winzige Änderung vorgeschlagen, welche alles ‚repariert‘ hätte:

„Um Zweideutigkeit zu vermeiden, hätte in dem betreffenden Satz auf Seite 49 des Kommentars das Wort „gesalbt“ eingefügt werden können. Dann hätte der Satz wie folgt gelautet: „Jehova ist nicht nur der Gott der gesalbten Christen, sondern auch ihr Vater, denn er hat sie durch seinen Geist als seine Söhne gezeugt.“ Die dazugehörige Frage auf Seite 57 hätte lauten können: „Wieso ist Gott für gesalbte Christen auch der Vater?““ (w81 15.4. S.31)

Aber warum hat man dann nicht einfach diese winzige Änderung vorgenommen? Wie in diesem Artikel gezeigt wurde, hat man doch schon ganz andere ‚Korrekturen‘ vorgenommen. Und sonst ist doch am Buch nie etwas als falsch gekennzeichnet worden. Nichts, was durch ‚neues Licht‘ korrigiert wurde.

Der Grund liegt ganz woanders. Wer nach Edward Dunlap sucht, wird noch immer finden, dass er wichtige Funktionen in der Organisation der Zeugen Jehovas hatte:

Wachtturm Online-Bibliothek Edward Dunlap
Wachtturm Online-Bibliothek Edward Dunlap

Ich kann mich erinnern, dass ich sogar noch mehr über ihn dort gefunden hatte. Er war über 10 Jahre Registrator der Gilead-Schule und hat Vorträge auf deren Abschlußfeiern gehalten. Was man nicht findet, ist, dass er der Autor des Buches Kommentar zum Jakobusbrief war. Das findet sich in Raymound Franz Buch Der Gewissenskonflikt. Und dort findet man auch den Grund für alles: Um 1980 herum wurde er mit anderen auf unglaublich unchristliche Weise als ‚Abtrünniger‘ gebrandmarkt und ausgeschlossen. Und jede Erinnernung an ihn sollte wohl ausgelöscht werden.

Warum man das Buch dann auch verbannt, ist allerdings schwer nachvollziehbar. Denn bevor so ein Buch von Jehovas Zeugen auf einem Kongress in großer Zahl veröffentlich wird und später auch im Versammlungsbuchstudium studiert wird, muss es doch von sehr, sehr vielen korrekturgelesen worden sein. Auch von der leitenden Körperschaft und deren Komitees. Und mit der Veröffentlichung durch die Leitende Körperschaft war es doch das ‚neue Licht‘ der ‚aktuellen Wahrheit‘. Oder etwa doch nicht? Entweder ist der Inhalt korrekt, oder nicht. Und dann hätte die Leitende Körperschaft ja aktiv falsche Lehren als ‚geistige Speise‘ verteilt.

Die englische Ausgabe des Buches kann man übrigens immer noch bei watchtowerwayback.org herunterladen.


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