Der Kanon – Teil 2: Der Brief an die Gemeinde in Laodizea

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Von Christian


Der Ort Laodizea wird vielen Bibellesern als Ort einer frühen Gemeinde bekannt sein. Wird man nach einem Brief an die Gemeinde in Laodizea gefragt, denn denkt man vielleicht sofort an diesen Text:

Der Brief an die Gemeinde in Laodizea

„Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: So spricht, der das Amen ist, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes: Ich kenne deine Werke und weiss, dass du weder kalt noch warm bist. Wärst du doch kalt oder warm!“

(Offenbarun 3:14,15 Züricher)

Den Inhalt dieses ‚Briefes‘ kennen wir insofern, als er als ein Teil des Bibelbuchs Offenbarung heute in Bibel abgedruckt ist.

Tatsächlich ist dies aber nicht der einzige Brief an die in Laodizea, von dem wir wissen:

„Und wenn der Brief bei euch vorgelesen worden ist, sorgt dafür, dass er auch in der Gemeinde von Laodizea vorgelesen wird und dass ihr auch den aus Laodizea lest! [Fn. den aus Laodikia: Dieser Brief ist nicht erhalten.]“

(Kolosser 4:16 Einheitsübersetzung 2016)

Der Brief an die Kolosser ist in der Bibel enthalten, der Brief an die Laodizear hingegeben nicht. Gemäß den ersten Versen in Kolosser schrieb ‚Paulus, Apostel Christi Jesu durch den Willen Gottes‘ den Brief an die Kolosser und daher wohl auch den an die Gemeinde in Laodizea.

Damit ergeben sich einige interessante Fragen:

  • Warum ist der Brief an die Gemeinde in Kolossä in der Bibel, die wir heute haben, enthalten und warum der an die Gemeinde in Laodizea nicht?
  • Was stand in dem Brief an die Gemeinde in Laodizea, was nicht in dem an die Kolosser stand, weswegen Paulus wollte, dass beide vorgelesen werden?
  • Warum kennen wir heute und auch alle anderen aus den letzten fast 2000 Jahren nur den einen Brief?
  • War der eine wichtiger als der andere?
  • Hatte Gott oder Jesus für die Bibel nur einen geplant?
  • Welche Rolle spielte der heilige Geist und Inspiration bei diesen Briefen?
  • Wie kam es überhaupt zur der Zusammenstellung der Briefe, die heute in der Bibel enthalten sind? Also des Kanons des ‚neuen Testaments‘?
  • Gab es noch mehr Briefe?

Zur letzten Frage gibt es schon in den uns erhaltenen Briefen Hinweise:

„Lasst euch durch die Behauptung, der Tag des Herrn wäre schon da, nicht so schnell aus der Fassung bringen oder gar in Schrecken versetzen. Glaubt es nicht, auch wenn sich jemand auf eine Geistesoffenbarung, eine angebliche Aussage oder einen Brief von uns beruft.“

(2. Thessalonicher 2:2 NEÜ)

Schon damals waren also Briefe im Umlauf, die angeblich Aussagen der Apostel enthielten. Warum sonst hätte Paulus dies geschrieben:

„Den Gruß schreibe ich, Paulus, mit eigener Hand. So sieht meine Handschrift aus, das Kennzeichen in jedem meiner Briefe.“ „Seht, mit welch grossen Buchstaben ich euch schreibe, mit eigener Hand!

(2. Thessalonicher 3:17 NEÜ; Galater 6:11 Züricher)

Briefe spielten eine wichtige Rolle, wie diese Texte zeigen:

„So steht denn nun fest, ihr Brüder, und haltet fest an den Überlieferungen, die ihr gelehrt worden seid, sei es durch ein Wort oder durch einen Brief von uns.“

(2. Thessalonicher 2:15 Schlachter 2000)

Ein Beispiel dafür ist die Entscheidung der Versammlung in Jerusalem zum Thema Beschneidung:

„Allerdings sollten wir sie in einem Brief dazu auffordern, folgende Dinge zu unterlassen … Der Brief, den sie ihnen mitgaben, lautete folgendermaßen … Paulus und Barnabas sowie die Delegierten wurden offiziell verabschiedet und machten sich auf den Weg nach Antiochia. Dort angekommen, beriefen sie eine Versammlung der ganzen Gemeinde ein und übergaben den Brief.“

(Apostelgeschichte 15:20,23,30 Neue Genfer Übersetzung)

Es gab also eine Menge Briefe, aber nur wenige sind Teil des Kanons. Nebem dem Brief an die Gemeinde in Laodizea fehlt uns zum Beispiel auch dieser:

„In meinem früheren Brief [Fn. Dieser Brief ist uns nicht erhalten.] habe ich euch vor dem Umgang mit Menschen gewarnt, die ein unmoralisches Leben führen. .. Darum schreibe ich euch jetzt noch einmal unmissverständlich:“

(1. Korinther 5:9, 11 Neue Genfer Übersetzung)

Da dieser Brief in Bibel als erster Korinther Brief bezeichnet wird, fehlt uns der vorangegangene.

Doch nicht nur die Apostel oder die Gemeinde in Jerusalem schrieben Briefe:

„Nun zu der Ansicht, die ihr in eurem Brief vertretet, dass es für einen Mann gut sei, keine Frau zu berühren.“

(1. Korinther 7:1 Züricher)

Und welchen Stellenwert sollten die Briefe für die Gemeinden haben?

Ich beschwöre euch beim Herrn, diesen Brief allen in der Gemeinde vorzulesen.“ „Wenn aber einer dem nicht nachkommt, was in diesem Brief steht, so merkt ihn euch und meidet den Umgang mit ihm, damit er beschämt werde.“

(1. Thessalonicher 5:27; 2. Thessalonicher 3:14 Züricher)

Ziel war oft, die Geschwister zu erbauen oder auch ermahnen:

„Das ist bereits mein zweiter Brief an euch, liebe Geschwister. Durch beide wollte ich euch ‹an längst Bekanntes› erinnern, dass eure gute Gesinnung erwacht.“

(2. Petrus 3:1 NEÜ)

„Liebe Geschwister, ich hatte schon lange vor, euch über unsere gemeinsame Rettung zu schreiben, sah mich aber jetzt genötigt, euch mit diesem Brief zu ermahnen. Kämpft für den Glauben, der allen, die Gott gehören, ein für alle Mal übergeben worden ist!“

(Judas 3 NEÜ)

Es gab also viele Briefe für die Gemeinden im ersten Jahrhundert, welche auch als sehr wichtig betrachtet wurden. Warum sind nicht alle erhalten geblieben?

An dieser Stelle müssen wir den historischen Kontext berücksichtigen. Zuerst gab es ja jeweils nur eine Ausgabe eines Briefes. Dieser sollte vorgelesen werden. Daraus lässt sich schließen, dass nur wenige in der Gemeinde Lesen und Schreiben konnten. Das Original des Briefes konnte in der selben Gemeinde immer wieder vorgelesen werden. Aber was war mit den anderen? Ab wann wurden Kopien angefertigt und weitergegeben? Wer tat das und zu welchem Zweck?

Wie sich zeigt, war die mündliche Überlieferung zuerst noch viel wichtiger als eine schriftliche. Und Kopien wurden nicht mit der Absicht erstellt, eine Bibel zusammenzustellen. Auf beides wird in folgenden Artikeln noch eingegangen werden.

Halten wir aber fest: Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, warum wir keinen Laodizenerbrief kennen (siehe Wikipedia Laodizenerbrief). Über den Brief des Paulus an die Korinther vor seinem Brief, den wir heute ersten nennen, wissen wir nichts. Wenn Gott und Jesus als Haupt der Versammlung die Überlieferung der Briefe ganz konkret geplant und alles genau geleitet haben, dann bedeutet das Folgendes:

  • Jesus wollte, das Paulus mindestens zwei Briefe schrieb, von denen wir aus anderen Briefen wissen, dass sie existierten. Aber diese sollten nicht erhalten bleiben.
  • Jesus hat diese anderen Briefe also nicht weiter beachtet oder bewusst die Überlieferung verhindert.
  • Aber wie hätte Jesus das erreicht? Die Briefe verschwanden ja nicht über Nacht.
  • Wie hätte er Menschen beeinflußt, dass gewisse Briefe weiter kopiert wurden und andere nicht?
  • Kann man beweisen, dass wir alle notwendigen Briefe heute kennen, die Bibel aber keinen Brief enthält, vor dem damals gewarnt wurde?

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