Weizenfeld mit Sonnenuntergang

Der Kanon – Teil 2 Nachtrag: Was sagt ‚die Bibel‘ über sich selbst?


Von Christian


In Teil 2 der Video Serie über den Kanon des Neuen Testaments (Video Der Kanon – Teil 2: Was sagt ‚die Bibel‘ über sich selbst?, Artikel Der Kanon – Teil 2: Was sagt ‚die Bibel‘ über sich selbst?) hatte ich zum Schluß gesagt:

Hast du irgendwo in den Evangelien gelesen, dass Jesus seine Jünger beauftragt hat, seine Worte aufzuschreiben? Ich habe keinen im Neuen Testament gefunden. Aber vielleicht kann mich ja jemand in einem Kommentar darauf hinweisen.

(Video Der Kanon – Teil 2: Was sagt ‚die Bibel‘ über sich selbst?, Artikel Der Kanon – Teil 2: Was sagt ‚die Bibel‘ über sich selbst?)

Tatsächlich wurde ich in einem Kommentar auf einen Text hingewiesen. Herzlichen Dank nochmals dafür! Es ist Offenbarung 21:5

Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er sagt: Schreib, denn diese Worte sind zuverlässig und wahr.

Offenbarung 21:5 Züricher

Mein Frage war auch nicht rhetorisch gemeint gewesen, denn ich hatte irgendwie das Gefühl, da wäre etwas gewesen, kam aber nicht darauf, was es ist. Ich denke, ich kam nicht darauf, weil ich eine Situation im Kopf hatte, in der Gott direkt – also nicht in einer Vision – einem Menschen einen Auftrag ab. So wie hier:

Dann sagte Jahwe zu Mose: “Schreib alles auf, was ich dir gesagt habe. Denn auf dieser Grundlage schließe ich mit dir und mit Israel einen Bund.”

2. Mose 34:27 Neue Evangelistische Übersetzung

Wehe den trotzigen Söhnen!”, spricht Jahwe. … Geh jetzt und schreibe es auf eine Tafel, / verzeichne es auch in ein Buch, / dass es bezeugt ist für alle Zeit!

Jesaja 30:1,8 Neue Evanglistische Übersetzung

So spricht Jahwe, der Gott Israels: “Alles, was ich dir gesagt habe, schreibe in eine Schriftrolle!

Jeremia 30:2 Neue Evanglistische Übersetzung

In meinem 30. Lebensjahr, am 5. Juli, befand ich mich unter den Verbannten am Fluss Kebar. Da öffnete sich der Himmel und ich sah Erscheinungen Gottes. An diesem Tag – es war das fünfte Jahr, nachdem König Jojachin in die Verbannung geführt worden war – kam das Wort Jahwes zu mir, dem Priester Hesekiël Ben-Busi im Land der Chaldäer am Fluss Kebar. Dort legte Jahwe seine Hand auf mich.

Hesekiel 1:1-3 Neue Evangelistische Übersetzung

Aber du, Daniel, bewahre die Worte zuverlässig auf und versiegle das Buch[Offenbar sollte er wie Jeremia 32,10ff ein Original aufbewahren, aber gleichzeitig offene Abschriften davon zugänglich machen.] bis zur Zeit des Endes.

Daniel 12:4 Neue Evanglistische Übersetzung

Wenden wir uns also der Offenbarung zu. Dort finden wir den Gedanken sogar mehrfach:

Am Tag des Herrn wurde ich vom Geist ergriffen und hörte in meinem Rücken eine mächtige Stimme wie von einer Posaune, die sprach: Was du zu sehen bekommst, das schreibe in ein Buch und schicke es den sieben Gemeinden: nach Ephesus, nach Smyrna, nach Pergamon, nach Thyatira, nach Sardes, nach Philadelphia und nach Laodizea.

Schreib nun auf, was du gesehen hast, was jetzt geschieht und was danach geschehen wird.

Dem Engel der Gemeinde in Ephesus schreibe

Und dem Engel der Gemeinde in Smyrna schreibe: …

Und dem Engel der Gemeinde in Pergamon schreibe

Und dem Engel der Gemeinde in Thyatira schreibe: …

Und dem Engel der Gemeinde in Sardes schreibe: …

Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: …

Und dem Engel der Gemeinde in Laodizea schreibe: …

Und ich hörte eine Stimme vom Himmel rufen: Schreib: Selig die Toten, die im Herrn sterben von jetzt an! Ja, spricht der Geist, sie sollen ausruhen von ihren Mühen, denn ihre Werke begleiten sie.

Und er sagt zu mir: Schreib! Selig, die zum Hochzeitsmahl des Lammes geladen sind! Und er sagt zu mir: Diese Worte sind die wahrhaftigen Worte Gottes.

Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er sagt: Schreib, denn diese Worte sind zuverlässig und wahr.

Offenbarung 1:10,11,19;2:1;2:8,12,18;3:1,7,14;14:13;19:9;21:5 Züricher

Aber auch das Gegenteil:

Als es wieder still war, wollte ich die Worte der sieben Donner aufschreiben. Aber da hörte ich eine Stimme aus dem Himmel rufen: “Nein, was die sieben Donner gerufen haben, muss verborgen bleiben. Schreibe es nicht auf!

Offenbarung 10:4 Neue Evangelistische Übersetzung

Abschließend heißt es in der Offenbarung noch:

Ich bezeuge es jedem, der die Worte der Weissagung, die in diesem Buch aufgeschrieben sind, hört: Wer ihnen etwas hinzufügt, dem wird Gott die Plagen zufügen, die in diesem Buch aufgeschrieben sind. Und wer etwas wegnimmt von den Worten dieses Buches der Weissagung, dessen Anteil wird Gott wegnehmen vom Baum des Lebens und von der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben ist.

Offenbarung 22:18, 19 Züricher

Wir haben also eine anscheinend etwas überraschende Faktenlage:

  • In den ersten 26 Büchern des Kanons des Neuen Testaments wird 0 mal dazu aufgefordert, etwas aufzuschreiben.
  • Im letzten Buch des Kanons des Neuen Testaments wird 12 mal dazu aufgefordert, aufzuschreiben und 1 mal, es nicht zu tun.

Dieser Unterschied ist aber eigentlich recht natürlich.

Die ersten 4 Bücher des Neuen Testaments sind die Evangelien. Diese sprechen nicht davon, dass Jesus den Auftrag gegeben hätte, diese aufzuschreiben. In Lukas finden wir in der Einleitung den Grund dafür, dass dieses Evangelium geschrieben wurde:

Schon viele haben es unternommen, über das, was unter uns geschehen und in Erfüllung gegangen ist, einen Bericht abzufassen nach der Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren. So beschloss auch ich, nachdem ich allem von Anfang an sorgfältig nachgegangen war, es der Reihe nach für dich aufzuschreiben, verehrter Theophilus, damit du die Zuverlässigkeit der Lehren erkennst, in denen du unterrichtet wurdest.

Lukas 1:1-4 Züricher

Der Entschluß kam hier also nach eigener Aussage nicht von Gott, sondern vom Schreiber selbst.

Danach kommt die Apostelgeschichte:

In meinem ersten Buch, lieber Theophilus, habe ich berichtet über alles, was Jesus zu tun und zu lehren begonnen hat …

Apostelgeschichte 1:1 Züricher

Für die Apostelgeschichte gilt also das Gleiche. Danach kommen 21 Briefe – solche an bestimmte Versammlungen und allgemeine Briefe. Es liegt in der Natur eines Briefes, dass es ein Schriftstück ist. Voice-Mail gab es damals noch nicht. In keinem der Briefe wird jedoch gesagt, dass Gott den Auftrag dafür gab.

Schließlich kommt die Apokalypse des Johannes. Das griechische Wort von dem Apokalypse – und auch Offenbarung – stammt, bedeutet wörtlich „enthüllen, aufdecken“. Hier betont der Schreiber vom ersten Vers an, dass der Inhalt nicht von ihm sei:

Dies ist die Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gegeben hat, zu zeigen seinen Knechten, was in Kürze geschehen muss, und die er durch seinen Engel kundtun liess seinem Knecht Johannes, der das Wort Gottes bezeugt hat und das Zeugnis Jesu Christi, alles, was er geschaut hat.

Offenbarung 1:1,2 Züricher

Tatsächlich findet man in der Apokalypse des Johannes keine direkten Zitate aus dem Alten Testament. Es wird aber ausgiebig darauf Bezug genommen, sprachlich wie inhaltlich. Und zwar nicht zu knapp, wie man bei Michael S. Heiser auf 300 Seiten nachlesen kann (John’s Use of the Old Testament in the Book of Revelation):

Die Offenbarung ist also der einzige Teil des Neuen Testaments, in dem der Auftrag gegeben wurde, den Text oder die Vision aufzuschreiben und sie so anderen mitzuteilen. Das ist ganz in der Tradition der Propheten Jesaja, Jeremiah, Hesekiel und Daniel und typtisch für den apokalyptischen Texttyp, den man schon in Jesaja, Sacharja, Daniel findet. Schon die Einleitung der Offenbarung mit ihrer Zeitangabe ähnelt Passagen in Hesekiel oder Daniel.

In Offenbarung 1:11 wird Johannes sogar direkt angewiesen, das, was er gesehen hat, in ein Buch aufzuschreiben und an die 7 Gemeinden zu senden. Waren damit die buchstäblichen Gemeinden gemeint? Die 7-fache Aufforderung, an den Engel in … zu schreiben, ist da schon merkwürdig. Wie schreibst du ein Buch an den Engel? Oder ist das dann doch symbolisch gemeint? Schon sind wir mitten in der schwierigen Exegese der Offenbarung.

Die eigentliche Frage in Teil 2 dieser Serie zum Kanon des Neuen Testaments war ja aber, ob dieses eien Aussage enthält, dass das Neue Testament sicher und unverfälscht überliefert werden würde.

Das widerlegt schon Offenbarung 22:18, 19 selbst:

Ich erkläre jedem, der die prophetischen Worte dieses Buches hört: “Wenn jemand etwas zu dem hinzufügt, was hier geschrieben steht, dem wird Gott die Plagen zufügen, die in diesem Buch beschrieben sind. Und wenn jemand irgendetwas von den prophetischen Worten dieses Buches unterschlägt, dem wird Gott das wegnehmen, was ihm in diesem Buch als Anteil zugesprochen ist, das Recht, in der heiligen Stadt zu wohnen und vom Baum des Lebens zu essen.”

Offenbarung 22:18, 19 Neue Evangelistische Übersetzung

Warum müsste sonst jedem mit Strafe gedroht werden, der etwas davon weglassen oder hinzufügen würde? Wenn eine unverfälschte Überlieferung von Gott und Jesus garantiert worden wären, könnte das ja gar nicht geschehen! Da es aber geschehen könnte, dann sollten wir prüfen, ob das auch geschehen ist. Und wenn ja, in welchem Umfang.


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: