Von Christian
Eines möchte ich gleich vorweg sagen: Das soll kein Versuch werden, mal eben schnell alle Fragen zum Dogma der Trinität zu klären. Sondern ein Beitrag zu Diskussion. Wenn es denn überhaupt zu einer Diskussion kommt, weil diese doch öfters vom Tisch gewischt wird, weil die Lehre doch offensichtlich wäre, oder die kirchlichen Gelehrten seit zweitausend Jahren davon überrzeugt sind. Oder die Diskussion besteht aus einem abwechselnden Zitieren von vermeintlichen ‚Beweistexten‘.
Davon gab es schon genug. Schon in den ersten Jahrhunderten nach Christus sind diese Diskussionen geführt und andere schließlich wegen abweichender Interpretationen als Häretiker oder Abtrünnige geächtet worden. Warum gab es aber schon in den ersten Jahrhunderten Diskussionen zum Wesen Gottes, Jesu und des heiligen Geistens? War das denn nicht durch die mündliche Überlieferung und den entstehenden Kanon des Neuen Testaments alles klar?
Was mir in Diskussionen zu diesem Thema oft fehlt, ist eine solide Übersicht über die Grundlagen, die Textzeugen, den Kanons des Neuen Testaments. Welche Ausdrücke wie kombiniert und vor allem wie häufig diese verwendet werden, gibt uns doch einen fundamentalen Hinweis. Denn was immer wieder wiederholt geschrieben wird, ist Teil der Lehre und des Denkens im ersten Jahrhundert. Was hingegen nicht gesagt wird, ist …? Zumindest hat es dann keine Unterstützung im Text des Kanons des Neuen Testaments.
Testen wir dies einmal an einem Beispiel von heute. Wer die Disney Comics von Donald Duck kennt, kennt vermutlich auch Tick und Trick. „Moment mal!“, sagst du. „Tick, Trick und Track!“ (im Englischen Huey, Dewey, and Louie).

Warum vervollständigt praktisch jeder die Namensliste? Weil diese drei immer zusammen im Comic vorkommen und bis auf die verschiedenen Farben der Kleidung praktisch identisch sind. Und damit wir klar: Es sind Drillinge. Fast schon eine Trinität, denn sie sind gleich alt, sehen gleich aus, haben die selben Eigenschaften, das selbe Wesen und bilden eine Einheit. Würde man einen Comic-Band finden, in dem die drei nicht zusammen vorkommen, würden man vielleicht sogar an der Echtheit zweifeln oder zumindest nach dem Grund suchen, warum das so ist.
Aber zurück zum eigentlichen Thema. Verschaffen wir uns also einen Überblick über die Verwendung der Trinität im Text des Kanons des Neuen Testaments. Dabei gruppieren wir die Übersicht: Wo werden alle drei Teile der Trinität gemeinsam genannt und wo nur eine Kombination von beiden.
Vater, Wort und der Heilige Geist sind eins
Wie oft findet sich diese Aussage über der Trinität im Kanon des Neuen Testaments? Das haben wir schon in Teil 5 dieser Serie betrachtet. Genau einmal. Es steht in 1. Johannes 5:7-8. Genauer gesagt, es wurde dort hinzugefügt. Das Comma Johanneum.
Wenn es sonst nirgends im Kanon zu finden ist, welcher im 4. Jahrhundert auf den Konzilen im Wesentlichen festgelegt wurde, sondern zu dieser Zeit in einer Glosse der lateinischen Bibel auftaucht, zu einer Zeit, in der auch die Trinität als Doktrin auf den Konzilen verpflichtend festgelegt wurde, dann spricht das schon für sich. Ist eine Lehre in einem Text vorhanden, dann braucht man keine Glosse hinzuzufügen oder gar nachträglich den ‚heiligen Text‘ verändern.
Das der Vater, der Sohn und der Heilige Geist eins sind, wird nirgends im Kanon des Neuen Testaments gesagt.
Gott, Jesus/Christus und der Heilige Geist
In diesen Versen kommt Gott, Jesus (bzw. Christus) und Geist bzw. der Heilige Geist vor:
Nachdem Jesus getauft worden war, stieg er sogleich aus dem Wasser. Und siehe da: Der Himmel tat sich auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube niedersteigen und auf ihn herabkommen.
Matthäus 3:16 Züricher
Dann wurde Jesus vom Geist Gottes ins Bergland der Wüste hinaufgeführt, weil er dort vom Teufel versucht werden sollte.
Matthäus 4:1 NEÜ
Jesus antwortete: Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus dem Wasser und dem Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen.
Johannes 3:5 Einheitsübersetzung
Er aber, erfüllt von heiligem Geist, blickte zum Himmel auf und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen.
Apostelgeschichte 7:55 Züricher
Ihr kennt Jesus von Nazaret und wisst, wie Gott ihn mit heiligem Geist und mit Kraft gesalbt hat; er zog umher und tat Gutes und heilte alle, die vom Teufel unterdrückt wurden, weil Gott mit ihm war.
Apostelgeschichte 10:38 Züricher
und erwiesen ist als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geist der Heiligkeit durch die Auferstehung von den Toten, Jesus Christus, unseren Herrn,
Römer 1:4 Schlachter 2000
Ihr aber lasst euch nicht vom Fleisch bestimmen, sondern vom Geist, wenn wirklich der Geist Gottes in euch wohnt. Wer aber den Geist Christi nicht hat, der gehört nicht zu ihm.
Römer 8:9 Züricher
Wenn nun der Geist von dem [Kontext: Gottes] in euch wohnt, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, dann wird er durch den Geist, der in euch wohnt, auch euren sterblichen Körper lebendig machen, eben weil er Christus aus den Toten auferweckt hat.
Römer 8:11 NEÜ
der Gnade nämlich, ein Kultdiener zu sein des Christus Jesus für die Völker und als solcher das Evangelium Gottes als heilige Handlung zu vollziehen; so soll die Darbringung der Völker, geheiligt durch den heiligen Geist, Gottes Wohlgefallen finden.
Römer 15:16 Züricher
Ich bitte euch dringend, Brüder, helft mir zu kämpfen und betet für mich zu Gott! Denn durch unseren Herrn Jesus Christus und durch die Liebe, die der Geist wirkt, sind wir doch miteinander verbunden.
Römer 15:30 NEÜ
Und das taten manche von euch. Dies alles aber ist von euch abgewaschen, ihr seid geheiligt worden, ihr seid gerecht gemacht worden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes.
1. Korinther 6:11 Züricher
Darum tue ich euch kund: Keiner, der im Geist Gottes spricht, sagt: Verflucht sei Jesus!, und keiner vermag zu sagen: Herr ist Jesus!, es sei denn im heiligen Geist.
1. Korinther 12:3 Züricher
Ihr zeigt ja selbst, dass ihr ein Brief von Christus seid, ausgefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, eingeprägt nicht in Steintafeln, sondern in menschliche Herzen.
2. Korinther 3:3 NEÜ
Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen.
2. Korinther 13:13
Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, gebe euch den Geist der Weisheit und der Offenbarung, damit ihr ihn erkennt.
Epheser 1:17 Züricher
Wenn es bei euch irgendeine Ermutigung durch Christus gibt, einen liebevollen Trost, Gemeinschaft, die der Geist Gottes bewirkt, Barmherzigkeit und Mitgefühl,
Philipper 2:1 NEÜ
Denn die Beschnittenen, das sind wir, die wir im Geist Gottes dienen und unseren Stolz auf Christus Jesus gründen und unser Vertrauen nicht auf das Fleisch setzen –
Philipper 3:3 Züricher
wie viel mehr wird das Blut des Christus, der sich selbst durch den ewigen Geist ⟨als Opfer⟩ ohne Fehler Gott dargebracht hat, euer Gewissen reinigen von toten Werken, damit ihr dem lebendigen Gott dient!
Hebräer 9:14 Elberfelder
nach der Vorsehung Gottes, des Vaters, in der Heiligung durch den Geist, die zum Gehorsam und zur Besprengung mit dem Blut Jesu Christi führt: Gnade sei mit euch und Friede in Fülle.
1. Petrus 1:2 Züricher
Wenn ihr beschimpft werdet, weil ihr zu Christus gehört, seid ihr glücklich zu nennen, denn dann ruht der Geist der Herrlichkeit Gottes auf euch.
1. Petrus 4:14 NEÜ
Daran erkennt ihr den Geist Gottes: Jeder Geist, der sich zu Jesus Christus bekennt, der im Fleisch gekommen ist, ist aus Gott; und jeder Geist, der sich nicht zu Jesus bekennt, ist nicht aus Gott. Und das ist der Geist des Antichrists, von dem ihr gehört habt, dass er kommt. Der ist jetzt schon in der Welt.
1. Johannes 4:2,3 Züricher
Das sind alle Text im Kanon des Neuen Testaments, welches ich mit der Suche „Gott* Jesu* Geist*“ sowie „Gott* Christus* -Jesus Geist“ auf dem ERF Bibleserver gefunden habe, und bei der sich Geist nicht auf den Geist eines Menschen bezog.
Gott, Sohn und der Heilige Geist
Das sind die zusätzlichen Ergebnisse der Suche nach „Gott* Sohn* Geist“
“Der Heilige Geist wird über dich kommen”, erwiderte der Engel, “die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird das Kind, das du zur Welt bringst, heilig sein und Sohn Gottes genannt werden.
Lukas 1:35 NEÜ
Gebt Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in die euch der Heilige Geist als Leiter eingesetzt hat, damit ihr treue Hirten der Gemeinde Gottes seid. Gott hat sie ja durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben.
Apostelgeschichte 20:28 NEÜ
Wie viel härter, meint ihr, wird die Strafe sein für einen, der den Sohn Gottes mit Füssen getreten, das Blut des Bundes, durch das er geheiligt wurde, für unrein gehalten und den Geist der Gnade verachtet hat?
Hebräer 10:29 Züricher
Vater, Jesus und der Heilige Geist
Das sind die zusätzlichen Ergebnisse der Suche nach „Vater* Jesus* Geist*“
In dieser Stunde rief Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
Lukas 10:21 Einheitsübersetzung 2016
Und ich bete, dass der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch durch seinen Geist Weisheit gibt und euch zeigt, wie er selbst ist, dass ihr ihn erkennen könnt.
Epheser 1:17 NEÜ
Vater, Sohn und der Heilige Geist
Das sind die zusätzlichen Ergebnisse der Suche nach „Vater* Sohn* Geist*“
Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern. Dabei sollt ihr sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen.
Matthäus 28:19 NEÜ
Hier wird nur auf diese drei Bezug genommen, aber nicht davon gesprochen, dass sie eins seien. Doch es gibt gute Gründe, warum auch dieser Text möglicherweise verfälscht ist. In diesem Artikel im Forum habe ich das detaillierter beschrieben. Hier nur ein paar Argumente aus der 2001 Translation:
„Diese Worte fehlen in den parallelen Berichten in Lukas 24:47 und Apostelgeschichte 1:6. Alle anderen Taufanweisungen in der Bibel lassen diese Worte weg (Apostelgeschichte 2:38, Apostelgeschichte 8:15-16, Apostelgeschichte 10:48, Apostelgeschichte 19:5, Römer 6:3, Galater 3:27). Der antike christliche Schriftsteller Eusebius zitierte diesen Vers 18 Mal in einem Zeitraum von 36 Jahren. Die gefälschten Worte tauchten nicht in seinen Zitaten vor dem Konzil von Nicäa auf, sondern erst danach. Ironischerweise könnte dieser Mann derjenige sein, der diese falschen Worte eingefügt hat.“
2001 Translation
Was vermitteln diese Texte?
Welchen Eindruck vermitteln dir die Texte, wenn du sie unvoreingenommen liest? Du kannst sie gerne nocheinmal durchgehen. Würdest aufgrund der Textzeugen darauf schließen, dass Vater, Sohn und Heiliger Geist so etwas wie diese Drillinge sind? Oder der Darstellung von Jeronimo Cosida aus der Renaissance entsprechen?

© Disney

von Jeronimo Cosida
Gott bzw. der Vater, Jesu bzw. der Sohn und der Heilige Geist werden in vielen Texten im Kanon des Neuen Testaments gemeinsam genannt, aber nie alle drei als gleich oder ebenbürtig dargestellt.
Aber vielleicht ergibt sich die Gleichheit V == S == G transitiv: V == S und S == G damit auch V == G wie in der Mathematik. Also wenn Vater und Sohn gleich sind, und Sohn und Heiliger Geist, dann sind auch Vater und Heiliger Geist gleich.
Paarweise Nennung von Gott/Vater, Jesus/Christus/Sohn, Heiliger Geist
So viele Texte findet man durch diese Suchen:
Verwendete Teile der Trinität | Suche | Anzahl gefunde Texte in der NEÜ |
Vater Sohn | Vater* Sohn* -Geist* | 43 |
Gott Sohn | Gott* Sohn* -Geist* | 83 |
Gott Jesus | Gott* Jesus* -Geist* | 254 |
Vater Jesus | Vater* Jesus* -Geist* | 77 |
Vater Christus | Vater* Christ* -Geist* | 37 |
Gott Christus | Gott* Christ* -Geist* | 168 |
Geist Christus | Geist* Christ* -Gott* | 15 |
Geist Jesus | Geist* Jesu* -Gott* | 41 |
Geist Sohn | Geist* Sohn* -Gott* | 6 |
Geist Vater | Geist* Vater* -Jesus* -Christ* -Sohn* | 12 |
Geist Gott | Geist* Gott* -Jesus* -Christ* -Sohn* | 93 |
Gott und Vater und Jesus und Herr | Gott* Vater Jesus Herr* -Geist | 26 |
In anderen Übersetzungen variiert die Zahl zum Teil deutlich, weil manchmal zum Beispiel ‚Gott‘ zur Erklärung eingeführt wird. Daher hatte ich in der Übersicht der Texte, in der alle drei genannt werden, jeweils den griechischen Text berücksichtigt.
Das sind natürlich viel zu viele, um sie in einem Video zu betrachten. Aber mit diesen Angaben kann das jeder selbst tun. Liest man das Neue Testament einmal komplett selbst durch, kann man auch sicher sein, dass einem keine Stelle entgeht. Man sollte aber mehrere Übersetzungen vergleichen und zum Beispiel mit einer Interlinear-Bibel den griechischen Text verglichen, um zu sehen, ob es dort auch so steht. Wie gesagt, manchmal wird von Übersetzung Gott hinzugefügt (z.B. Gottes Geist), und bei Geist wird nicht konsequent ‚heilig‘ oder ‚Heiligkeit‘ mit übersetzt oder manchmal weg gelassen.
Eine große Zahl von Texten unterscheidet klar zwischen Gott, der Vater genant wird und Jesus Christus als Herrn.
Jesus Christus wird nie als der Gott bezeichnet.
Der Heilige Geist wird nie Gott genannt.
Interessant fand ich, wie oft eine Formulierung „Gott, unser Vater und Jesus Christus, dem Herrn“ verwendet wird: 30 mal habe ich gezählt. Das war mir beim Lesen des Neuen Testaments auch schon oft aufgefallen. Hier ein Beispiel:
An alle in Rom, die von Gott geliebt und zu Heiligen berufen sind. Ich wünsche euch Gnade und Frieden von Gott, unserem Vater, und von Jesus Christus, dem Herrn.
Römer 1:7 NEÜ
Man findet diese Formulierung noch nicht in den Evangelien und der Apostelgeschichte, aber danach in Römer, 1. Korinther, 2. Korinther, Galater, Epheser, Philipper, Kolosser, 1. Thessalonicher, 2. Thessalonicher, 1. Timotheus, 2. Timotheus, Titus, Philemon, 1. Petrus, 2. Johannes .
Die Formulierung Gott, dem Vater“ und „Jesus Christus, dem Herrn“ wird mindestens 30 mal und in mindestens 14 Briefen verwendet.
Sie unterscheidet klar zwischen „Gott, dem Vater“ und „Jesus Christus, dem Herrn“, und nicht „Jesus Christus, dem Sohn“. Und der Heilige Geist wird nie erwähnt. Und nur vom Vater, wird gesagt, dass er Gott ist, bzw. von Gott, dass er unser Vater ist. Jesus wird nicht als Gott sondern Herr angesprochen. Das passt doch überhaupt nicht zur späteren Definition der Trinität.
Was für eine Schlamperei von Paulus, Petrus und Johannes! Warum verwirren sie uns mit dieser Formulierung? Oder wenn du die Verbalinspiration für richtig hältst: Warum führt Gott uns hier so in die Irre, indem er so oft diese Formulierung gebraucht, anstatt die Trinität korrekt zu erwähnen?
Ich möchte mich damit nicht über eine Ansicht oder die Trinität an sich lustig machen. Sondern durch eine überspitzte, ironische Formulierung die große Diskrepanz zwischen dem Text des Kanons des Neuen Testaments und der späteren Lehre der Trinität vor Augen führen. Ich weiß, jetzt kommen die Argumente, dass es aber doch diesen und jenen Text gibt, der die Lehre stützt und dass dies eine Vorstufe der Trinität ist usw. Könnte ja sein. Das würde dann aber bedeuten, dass zur Zeit der Niederschrift des Neuen Testaments ‚die Zeit noch nicht reif war‘, also die ersten Christen, welchen den heiligen Geist empfangen haben und einige sogar Briefe schrieben, die Teil des Kanons wurden, das trotzdem noch nicht richtig verstanden haben. Das haben erst 300 Jahre später andere Bischöfe. Bei den Zeugen Jehovas wird das dann als ‚neues Licht‘ bezeichnet.
Aber hat nicht sogar Jesus selbst das gesagt?
Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird.
Johannes 16:12,13 Einheitsübersetzung 2016
Meist wird ja nur der erste Teil zitiert, aber am Ende des Satzes steht ja, was der Geist der Wahrheit verkünden wird: „Was kommen wird.“ Um die Tragweite dieses Arguments aber nocheinmal hervorzuheben, sollten wir einmal über dies nachdenken: Gemäß der Lehre der Trinität war ja quasi Gott auf der Erde. Aber Gott-Sohn war nicht inder Lage, diese wichtige – für viele Christen heute zentrale – Lehre seinen Jüngern zu erklären. Dann kamen noch Gott-Vater und der Gott-Heiliger-Geist dazu durch die Inspiration der Schriften des Neuen Testaments. Und sogar gemeinsam als Trinität konnten sie es in diesen Schriften des Kanons immer noch nicht erklären. Stattdessen finden wir ganz andere und zum Teil verwirrende Aussagen. Und dann hat es nochmal 300 Jahre gebraucht, bis es gelehrte Christen wirklich verstanden und verbindlich festgelegt haben. Und alle anderen Auffassungen als Häresie brandmarkten.
Jeder muss selbst bewerten, was er davon hält. Daher sollten wir uns das einmal in einem erweitereten historischen Kontext betrachten.
Ein Blick in das Alte Testament
Welche Auffassung über das Wesen Gottes hatten diejenigen, welchem am Schreiben der Text des Alten Testaments beteiligt waren oder es lasen oder hörten?
Höre Israel: Jahwe ist unser Gott, Jahwe allein! [Das hebräische echad hat die Bedeutung von allein, einer, einzig, einzigartig. Es kann also auch heißen: “Jahwe ist unser Gott, ein unteilbarer Jahwe” oder: “Jahwe, unser Gott, ist der einzige Jahwe”, oder: “Jahwe ist unser Gott, Jahwe ist einzigartig.”]
5. Mose 6:4 Neue Evangelistische Übersetzung
Das wir übrigens auch gemäß Markus 12:29 von Jesus zitiert:
Jesus antwortete: »Das wichtigste Gebot ist: ›Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der alleinige Herr [Wörtlich: “der Herr, unser Gott, der Herr ist einer/eins”.].
Markus 12:29 Neue Genfer Übersetzung
Die 10 ‚Gebote‘ (genauer: Wörter) als zentraler Teil des Gesetzes enthalten auch keine andere Aussage. Auch sonst wirst du keine Aussage einer Dreiheit Gottest finden.
Im Alten Testament (Tanach) findet sich keine Ausssage, dass Gott eine Trinität ist. Ganz im Gegenteil wird er als ‚einer‘, oder ‚einzig‘ oder unteilbar beschrieben.
Aber was ist mit dem Engel Gottes … Ja, es gibt Stellen, die kann man so oder so interpretieren. Aber auch höchstens als duale Präsentation Gottes. Keine Trinität. Aber lassen wir uns nicht ablenken. Die Masse der Texte spricht von YHWH als einzelnem. Und in den wichtigsten Geboten wird auch keine Trinität erklärt. Und für die meisten Juden gab und gibt es da auch keine Unklarheit. Solche Ideen kamen erst in der Zweiten-Tempel-Periode auf, also nach dem Exil in Babylonbis zur Zeit Jesu Christi.
Ein Blick auf einen anderen ‚heiligen Text‘
Und was ist die Botschaft des Koran? Schließlich wird er von einer Milliarde Menschen als heiliger Text angesehen. Und er bezieht sich immer wieder auf die früheren heiligen Schriften der Juden und Christen. Das Bild Gottes entspricht dabei eher dem des Alten Testaments und nicht der christlichen Trinität, wie diese Suren zum Ausdruck bringen:
Und streitet nicht mit den Anhängern früherer Offenbarung anders als auf die gütigste Weise – außer es seien solche von ihnen, die auf Übeltun aus sind – und sagt: „Wir glauben an das, was uns von droben erteilt worden ist, wie auch an das, was euch erteilt worden ist: denn unser Gott und euer Gott ist ein und derselbe, und Ihm ergeben wir (alle) uns.”
Koran, Sure 29:46 Übersetzung von Muhammad Asad
Zwei weitere Stellen sind auch wichtig, auch wenn eine tiefergehende Diskussion hier nicht durchgeführt werden soll:
Fürwahr, die Wahrheit leugnen diejenigen, die sagen: „Siehe, Gott ist der Dritte einer Trinität“ – angesichts dessen, daß es keinerlei Gottheit außer dem Einen Gott gibt. Und wenn sie nicht ablassen von dieser ihrer Versicherung, wird bestimt schmerzliches Leiden solche von ihnen treffen, die darauf aus sind, die Wahrheit zu leugnen.
Koran, Sure 5:73 Übersetzung von Muhammad Asad
Oh Anhänger des Evangeliums! Überschreitet nicht die Grenzen (der Wahrheit) in euren religiösen Glaubensvorstellungen und sagt über Gott nichts als die Wahrheit. Der Christus Jesus, Sohn der Maria, war nur Gottes Gesandter – (die Erfüllung) Seines Versprechens, das Er Maria übermittelt hatte – und eine von Ihm erschaffene Seele. Glaubt denn an Gott und Seine Gesandten und sagt nicht: „(Gott ist) eine Trinität.“ Laßt ab (von dieser Versicherung) zu eurem eigenen Wohl. Gott ist nur Ein Gott: völlig fern ist Er, in Seinem Ruhm, davon, einen Sohn zu haben: Ihm gehört alles, was in den Himmeln ist, und alles, was auf Erden ist: und keiner ist so des Vertrauens würdig wie Gott. Niemals fühlte sich der Christus stolz, Gottes Dienter zu sein, noch tun dies die Engel, die ihm nahe sind.
Koran, Sure 4:171-172 Übersetzung von Muhammad Asad
Im Koran wird eine Trinität, wie sie zur Zeit der Abfassung des Korans bekannt war, als falsche Vorstellung abgelehnt.
Zusammenfassung
Warum ist das interessant? Weil in Bezug auf das Wesen Gottes für die meisten Juden im Tanach (Alten Testament) das klar beschrieben wird. Und für Muslime im Koran auch. Der Kanon des Neuen Testaments enthält vielleicht mehr Texte, welche Interpretationsspielraum bieten. Aber die Trinität wird auch dort weder direkt genannt, noch erklärt. Der Text selbst – insbesondere die Evangelien – passt in seiner Gesamtheit eher zum Verständnis von Juden und Muslimen. Doch die meisten Christen sind der Überzeugung, dass im Laufe von ein paar Jahrhunderten nach den Schriften des Neuen Testaments die zentrale Lehre der Trinität gefunden wurde. Was die Schreiber bzw. Gott im Text des Neuen Testaments entweder nicht konnte oder wollte. Über die Entwicklung der Lehre der Trinität gibt es sehr viel Literatur. Wenn du die Fakten aus der Sicht eines kritischen Historikers lesen willst und English kannst, ist dieses Buch aufschlußreich: Wie Jesus Gott wurde: Die Erhöhung eines jüdischen Predigers aus Galiläa. Das ist übrigens von Bart D. Ehrman, der mit Bruce Metzger viele über den Kanon und die Manuskripte des Neuen Testaments gearbeitet hat.

Wer weiß, vielleicht mache ich auch mal ein Video oder eine Serie darüber.