Weizenfeld mit Sonnenuntergang

Der Kanon des Neuen Testaments – Teil 12: Apokryphen


Von Christian


Nachdem wir im letzten Teil dieser Serie einen Blick auf die apokryphen Evangelien geworfen haben, wollen wir uns nun einen Überblick über die Apokryphen im Allgemeinen verschaffen. Mit apokryphen Evangelien bezeichnen wir im Folgenden solche Schriften, die nicht in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen worden sind. Der Begriff leitet sich vom Altgriechischen ἀπόκρυφος apokryphos, deutsch ‚verborgen, dunkel‘ ab. Es gibt noch mehr apokryphe Bücher:

Religiöse Schriften jüdischer bzw. christlicher Herkunft aus der Zeit zwischen etwa 200 vor bis ca. 400 nach Christus, die nicht in einen biblischen Kanon aufgenommen wurden oder über deren Zugehörigkeit Uneinigkeit besteht, sei es aus inhaltlichen oder religionspolitischen Gründen, oder weil sie erst nach Abschluss des Kanons entstanden sind oder zur Zeit seiner Entstehung nicht allgemein bekannt waren.

 Wikipedia Apokryphen

Bei Apokryphen denkt man vielleicht zuerst einmal an Schriften, welche nicht in allen Bibeln im Alten Testament zu finden sind, wie diese Übersicht zeigt:

https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/apokryphen/

Interessant ist, das sowohl bei Luther 1543 wie auch der englischen King James Version von 1611 diese Apokryphen am Ende zusammen gefasst sind. In der Vulgata und katholischen Bibeln hingegen finden sie sich zwischen den anderen Büchern. Sogar in der frühen griechischen Übersetzung, der Septuaginta, finden sie sich dazwischen. Vielen moderne Bibeln halten sich aber an die jüdische Bibel, welche seit dem 1. Jahrhundert diese nicht enthalten. Die Antwort, ob ein Buch also Teil des Kanons sind, kann unterschiedlich ausfallen.

Was das Neue Testament betrifft, gibt es solche Unterschiede nicht mehr. Aber im den ersten Jahrhunderten gab es neben den apokryphen Evangelien, über die wir im letzten Teil gesprochen haben, auch durchaus noch weitere Gattungen von apokryphen Schriften.

Apokryphe Apostelgeschichten

Die kanonische Apostelgeschichte (auch Akten genannt) schildert die missionarische Tätigkeit nur weniger Apostel genauer. Daher erschienen im zweiten und dritten Jahrhundert weitere Apostelgeschichten oder Akten:

  • Andreasakten
  • Thomasakten
  • Philippusakten
  • Akten des Andreas und Matthias
  • Bartholomäusakten
  • Barnabasakten
  • Paulusakten
  • Johannesakten
  • Petrusakten

Gemeinsam ist ihnen, dass sie kaum auf Tatsachen beruhen sondern mehr vom griechisch-römischen Roman der Epoche beeinflußt sind. Ein Beispiel aus den Johannesakten:

Der Autor berichtet, daß Jesus ständig seine Gestalt änderte. Mal sah er aus wie ein kleiner Junge, mal wie ein hübscher Junger Mann, mal zeigte er sich mit kahlem Haupt und langem Bart, dann wieder wie ein Jugendlicher mit seinem ersten Flaum auf der Wange.

Vor seinem Tod versammelt Jesus seine Jünger im Kreise um sich und singt einen Hymnus an den Vater, während seine Apostel sich and den Händen halten und im Kreis um ihn herumtanzen. Die Terminologie des Hymnus lehnt sich stark an das Johannesevangelium und seinen Prolog an. Gleichzeit gibt der Verfasser dem Ganzen ein doketisches Flair.

Sie sind übrigens die älteste Quelle der Eucharistiefeier für die Toten.

Bruce M. Metzger Der Kanon des Neuen Testaments, S. 174

Apokryphe Briefe

Im Neuen Testament gehören die meisten Schriften zur Gattung der Briefe. In den Apokryphen findet man hingegen nur wenige Briefe, vermutlich, weil es recht schwierig war, echt klingende Briefe zu produzieren.

Die Epistola Apostolorum aus dem 2. Jahrhundert beschreibt Metzger so: „Kurz, die Schrift stellt den heftigen Angriff eines katholischen Christen auf die Gnosis da.“

Es gab auch einen 3. Korinther Brief, den die armenische Kirche hoch achtete. Und einen Laodicäerbrief. Dazu hatte der Kolosserbrief in Kolosser 4:16 natürlich die Steilvorlage geliefert, wie wir am Anfang der Serie schon gesehen haben. Vermutlich wurde dieser aber gegen Ende des 3. Jahrhunderts erst geschrieben. Hieronymus berichtet, dass »einige den Brief an die Laodicäer lesen, aber er wird von jedermann verworfen.«

Apokryphe Apokalypsen

Die wichtigste apokryphe Apokalypse ist die Petrusapokalypse aus der Zeit zwischen 125 bis 150 n. Chr. Im Canon Muratori wird sie hinter der Offenbarung des Johannes aufgeführt. Im Codex Claromontanes wird die Liste der kanonischen Bücher mit der Petrusapokalypse abgeschlossen. Die Meinungen darüber gingen unter den Kirchenvätern und auch in den Gemeinden auseinander. „Der unbekannte Verfasser, der als erster heidnische Vorstellungen von Himmel und Hölle in die christliche Literatur einbrachte, bezog seine Vorstellung vom zukünftigen Leben aus einer Reihe vorchristlicher Traditionen.“ (Metzger S. 181)

Unter dem Titel Paulusapokalypse gab es in der frühen Kirche sogar mehr als ein Buch. Die Worte des Paulus in 2. Korinther 12:4, nach denen er ins Paradies entrückt wurde und unausprechliche Worte hörte, waren vielleicht der Bezug für eine der Paulusapokalypsen. „Augustinus lacht über die Narrheit der, die eine Paulusapokalypse gefälscht haben, die voller Märchen ist und die vorgibt, die unaussprechlichen Worte zu enthalten, die der Apostel nach 2 Kor 12,4 gehört hat.“ (Metzger S. 182)

Schon in den ersten Jahrhunderten gab es also eine Flut von Schriften, die in den Gemeinden zirkulierten. Einige davon wurden auch in den Zusammenkünften verlesen und geschätzt und von den Kirchenvätern zitiert. Man konnte sich auch nicht auf den Titel oder den vermeintlichen Autor als Autorität verlassen. Die Jünger Jesu mussten den Inhalt prüfen und bewerten:

Unterdrückt nicht das Wirken des Heiligen Geistes! Verachtet prophetische Aussagen nicht, prüft aber alles und behaltet das Gute!

1. Thessalonicher 5:19-21 Neue Evangelistische Übersetzung

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